Interview

Im Gespräch mit Ulrike Schartner und Alexander Hagner

gaupenraub+/-, VinziRast am Land © Michael Nagl

Mit ihrem Wiener Architekturbüro gaupenraub+/- bewegen sich Ulrike Schartner und Alexander Hagner zwischen Städtebau, Kultur, Gewerbe, Möbeldesign und Wohnen. Bekannt sind sie vor allem für ihre soziale Architektur für Menschen in unterschiedlichen Notlagen. Ihrem Credo „form follows resource“ folgend, arbeiten sie intensiv mit Menschen, Materialien und dem Genius Loci.


Ihr habt beide vor eurem Architekturstudium eine handwerkliche Ausbildung abgeschlossen, inwiefern sieht man das euren Projekten an?

[Ulrike Schartner]: Unser Bezug zu Materialien und Oberflächen ist sehr direkt. Es ist die Wahrheit, die Materialien innewohnt, die uns interessiert, und auf die nehmen wir verstärkt Rücksicht. Außerdem fällt uns vermutlich die Zusammenarbeit mit HandwerkerInnen leichter, weil wir dieselbe Sprache sprechen.

[Alexander Hagner]: Materialimitate sind nicht in unserem Interesse. Wir leben mit genug Fake News in dieser Welt, da müssen nicht auch noch die Materialien Fake sein. Ich denke außerdem, dass uns unser handwerklicher Hintergrund näher an die Praxis bringt. Als TischlerIn ist man noch näher am „Machen“ als in der Architektur, wo üblicherweise andere das „Machen“ übernehmen.

gaupenraub+/-, VinziRast am Land © gaupenraub

Die sozialen Projekte von gaupenraub+/- werden überwiegend mit Spenden und der Hilfe Freiwilliger realisiert.
© gaupenraub

Was ist euch bei der Planung von Wohnraum besonders wichtig?

[Alexander]: Aus meiner Sicht wäre es besonders wichtig, dass der Wohnbau Alternativen anbietet. Wir sehen eine enorme Uniformität am Wohnungsmarkt, dabei gibt es so viele unterschiedliche Wohnbedürfnisse. Es ist uns sehr wichtig, Wohnraum zu schaffen, zu dem die BewohnerInnen eine individuelle Beziehung entwickeln können. Denn erst dann wird er zu mehr als nur einer Behausung.

[Ulrike]: Wir haben das Glück, für EndverbraucherInnen produzieren zu dürfen und nicht wie viele KollegInnen für einen Markt, ohne jemals in Kontakt mit den späteren NutzerInnen zu kommen. Dadurch können wir richtig auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen eingehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für uns das Einbeziehen der Umgebung. Jeder Standort ist anders, dementsprechend gleicht auch kein Projekt dem anderen.

gaupenraub+/-, VinziDorf Wien © Kurt Kuball

Im VinziDorf Wien erhalten langzeitobdachlose Menschen ein unbefristetes Wohnmodul, in das sie sich zurückziehen können.
© Kurt Kuball

Was können ArchitektInnen dazu beitragen, leistbaren Wohnraum zu schaffen?

[Ulrike]: In der Architektenkammer, in der ich auch tätig bin, haben wir kürzlich einen Ausschuss zu leistbarem Wohnen gegründet. Natürlich schneiden wir damit einige Themen an, die ArchitektInnen nur indirekt betreffen, es ist aber dennoch wichtig, dass gerade ArchitektInnen mitreden. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir ein Teil des Spiels sind und nicht nur DienstleisterInnen. ArchitektInnen können nicht die Regeln ändern, aber sie können ihre Rolle an der Schnittstelle wahrnehmen, den Mund aufmachen und BauherrInnen aktiv beeinflussen. Ein erster wichtiger Schritt: Keep it simple. Die immer aufwendigeren und komplexeren Baustoffe und Haustechniken treiben die Baukosten massiv in die Höhe. Zuerst müssen der Bestand verbessert und Leerstände mobilisiert werden, bevor neue Flächen fürs Wohnen umgewidmet und Neubauten errichtet werden. Weiters müssen wir uns vom Totalunternehmertum distanzieren. Bauvorhaben sollten wieder gewerkeweise ausgeschrieben werden – das senkt die Baukosten und führt darüber hinaus oftmals zu einem hochwertigeren Ergebnis.

[Alexander]: Ich bin diesbezüglich etwas anderer Meinung. Ich denke, ArchitektInnen allein können nicht sehr viel bewirken...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 4/2024. Der Volltext ist ab Seite 22 zu finden.


 

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