Rendering, HABITAS, Saudi-Arabien © NEOM

Bringen Investitionen Luxusarchitektur mit sich? Oder trifft eher das Gegenteil zu? Die Entwicklung Saudi-Arabiens wird international bewundert, da die ehrgeizigen Projekte, die auf die Neugestaltung der städtischen Landschaft des Königreichs abzielen, rasch umgesetzt werden. Auf der anderen Seite wird kritisiert, dass ein Design zur Anwendung kommt, das nur den westlichen Blick anspricht und wenig Wert auf Nachhaltigkeit legt.


Im Mittelpunkt dieses Booms steht die sogenannte Vision 2030. Sie bringt Projekte hervor, die den architektonischen Status quo in Frage stellen und luxuriöse Designs aggressiv vorantreiben. Grundlegendes Ziel ist es, die Abhängigkeit vom Öl zu verringern und die Wirtschaft zu diversifizieren, indem Investitionen und Tourismus gleichermaßen angezogen werden. Rückgrat der Vision ist die Konzentration auf den Bau von Großprojekten, die eine futuristische Architektur aufweisen und wirken, als stammten sie aus einem Weltraumfilm von Stanley Kubrick. An oberster Spitze dieser Projekte steht NEOM, die 500 Milliarden Dollar teure intelligente Megastadt, die globale Handelszentren, touristische Resorts, Hightech-Industriestädte und Sportstätten beherbergt.

Die meisten dieser Luxusprojekte fallen in den Tourismussektor, zum Beispiel HABITAS, ein Hotel mit Luxusvillen in der historischen Region al-'Ula im Nordwesten Saudi-Arabiens. al-'Ula ist die Schwester der historischen Stätte in Petra in Jordanien und war das blühende Zentrum des Königreichs Nabataea. Historisch gesehen war es die Geburtsstätte der alten Königreiche Dedan und Lihyan, die für ihre in Fels gehauenen Gräber berühmt sind. Es ist also eine Region von großer historischer und kultureller Bedeutung. Gelegen in Mada’in Saleh ist al-'Ula außerdem Saudi-Arabiens erste UNESCO-Weltkulturerbestätte. In der Umgebung befinden sich über 100 in Sandstein gehauene Gräber, die in das 1. vorchristliche Jahrhundert zurückreichen. Um die Stadt als touristisches Ziel zu etablieren, hat das Kulturministerium im Rahmen seiner Vision 2030 Hotels zur Schaffung von Luxusunterkünften ermutigt.

Rendering, HABITAS, Saudi-Arabien © NEOM

Das Projekt HABITAS, ein Hotel mit Luxusvillen, befindet sich in der historischen Region al-'Ula.
© NEOM

Das HABITAS befindet sich inmitten dieser antiken Formationen und bietet aus jedem Winkel einen Blick auf die Sandstein-Berge und Gräber. Das hier umgesetzte Design stellt angeblich ein Beispiel für umweltfreundliches Bauen dar, das sich in die Natur einfügt und nur minimal mit der Landschaft kollidiert. Die Villen bieten private Pools, Außenbereiche und Terrassen mit viel Privatsphäre. HABITAS gibt an, sich auf den Umweltschutz zu konzentrieren und umweltfreundliche Materialien mit minimalen Auswirkungen auf die Umwelt zu verwenden. Außerdem sollen erneuerbare Ressourcen verwendet und die lokalen Gemeinden unterstützt werden.

Doch ist ein Pool mitten in der Wüste eine ökologische Angelegenheit?

Der Wasserverbrauch in ehrgeizigen, auf Luxus ausgerichteten Projekten in einer Wüstenumgebung lässt Bedenken aufkommen. Als weiterer Kritikpunkt tritt immer wieder die Frage auf, wie die Authentizität kultureller Stätten mit der touristischen Kommerzialisierung in Einklang gebracht werden kann. Wenn eine historische Stätte wie al-'Ula vor allem von internationalen TouristInnen besucht wird, führt dies häufig zu einer Beeinträchtigung des kulturellen Erbes. Darüber hinaus wird durch die sozioökonomischen Auswirkungen auf die Region automatisch eine neue Verteilungskette geschaffen. Der Mangel an partizipativer Einbindung der lokalen Gemeinschaft wird bei den meisten Architekturprojekten an abgelegenen Orten wie HABITAS zum Problem. Einem ehemaligen Geheimdienstoffizier zufolge, der im Mai 2024 mit der BBC sprach, durften die saudischen Behörden „tödliche Gewalt anwenden, um das Land zu räumen“ für die futuristischen Projekte, die von mehreren westlichen Unternehmen gebaut werden. Diese Gewalt beinhaltete die Tötung eines Demonstranten und die Umsiedlung von 6.000 EinwohnerInnen, wie die im Vereinigten Königreich ansässige Menschenrechtsgruppe ALQST berichtet. Die BBC hat auch über die Zerstörung von drei Dörfern berichtet: Al-Kuraybah, Sharma und Gayal.

Rendering, THE LINE, Saudi-Arabien © NEOM

NEOM the Line zieht sich als verspiegelte Linie durch die Wüste Saudi-Arabiens.
© NEOM

Während NEOM weiterhin das Vorzeigeprojekt der saudi-arabischen Vision 2030 ist, um InvestorInnen und TouristInnen gleichermaßen anzuziehen, wurden kürzlich weitere Tourismusziele im Golf von Akaba vorgestellt: Leyja, Epicon, Siranna, Norlana und Utamo, allesamt hochwertige Hotels und Immobilienprojekte. Die Projekte werden von Architektur-JournalistInnen und anderen BeobachterInnen der internationalen Architekturszene lautstark diskutiert, da detaillierte Informationen und Pläne nicht öffentlich zugänglich sind. Zu jedem Projekt wird ein raffiniertes Rendering-Werbevideo angeboten, aber keine genauen Pläne. Eine der ständigen Diskussionen ist beispielsweise...

Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 7-8/2024. Der Volltext ist ab Seite 74 zu finden.


 

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